Studie zu Schweizer Autozulieferer
«Der Wandel ist nicht leicht, aber machbar»
13. Mai 2024 agvs-upsa.ch – In fast jedem Auto steckt etwas Schweiz: Hiesige Autozulieferer werden öffentlich oft übersehen, sind dafür aber wirtschaftlich umso stärker. Nun präsentierte Anja Schulze, Professorin der Uni Zürich, eine neue Studie. Fazit: Der Druck steigt, aber die Branche ist stabil. Timothy Pfannkuchen
Branchenkennerin: Professorin Anja Schulze bei der Präsentation der neuen Studie. Foto: AGVS-Medien
Bereits am 18. «Tag der Schweizer Garagen» im Januar hatte Professorin Anja Schulze von der Universität Zürich (UHZ) für Staunen gesorgt: Die Schweizer Uhren- oder Pharmaindustrie sind öffentlich in aller Munde, nicht aber die Schweizer Autoindustrie. Warum wird die Branche übersehen? Schulze, Professorin für Mobilität und digitales Innovationsmanagement und Direktorin des Swiss Center of Automotive Research (SwissCar), begründet bei der Präsentation der neuen Studie: «Es steht eben nicht zum Beispiel ‹Autoneum inside› auf den Autos, und die meisten Unternehmen sind auch in anderen Bereichen aktiv.»
Dabei hätten ebenso wie das (nicht in der Studie enthaltene) Autogewerbe auch die Fahrzeugbauer, Teile- und Komponentenhersteller und Anlagenbauer Aufmerksamkeit mehr als verdient: Sie machen immerhin etwa halb so viel Umsatz wie die Uhrenindustrie. Oder an einem Beispiel: «Ems-Chemie erzielt die Hälfte des Umsatzes im Automobilbereich», so Schulze. Mit ihrem Team hat Schulze am SwissCar unter Mitarbeit von SwissMem und Business-Monitor nach 2008, 2013 und 2018 zum vierten Mal Zahlen und Meinungen erhoben: 578 Firmen der Zulieferindustrie kamen 2022 auf 32 000 Mitarbeitende (minus 2000 zu 2018) und erwirtschaften im Inland (also ohne Auslandswerke) 13 Milliarden Franken Umsatz (0,7 mehr als 2018).
Schweizer Zulieferer – hier Autoneum – sind gerade bei deutschen Edelmarken gefragt. Foto: Autoneum
Grösster Absatzmarkt ist Deutschland
Der Kosten- und Effizienzdruck steige, so Schulze. Zwar sei die Branche «grundsätzlich stabil». Material- und Energie- und Lohnkosten und Fachkräftemangel seien jedoch Challenges. «Und die Stärke des Schweizer Frankens», schliesslich ist die Branche exportorientiert: Deutschland vor Osteuropa, China und Nordamerika sind die Hauptmärkte. Der Bogen der Anbieter reicht von Fahrzeugherstellern wie Carrosserie Hess aus Bellach SO über Teilelieferanten wie Autoneum aus Winterthur ZH (Weltmarktführer Thermo- und Akustikmanagement) oder Spezialisten wie Sika (Baar ZG, Klebstoffe) zu Maschinenbauern wie Reishauer aus Wallisellen ZH (Zahnradschleifmaschinen). Und: 69 Prozent der Unternehmen sind KMU.
Kein Problem mit der Antriebswende
Gefragt ist Hightech. Schulze nennt zum Vergleich eine Studie zur italienischen Zuliefererbranche. Die kam auf zehn Prozent Mitarbeitende in Forschung und Entwicklung, in der Schweiz sind es zwanzig Prozent. Doch die Schweiz hat auch Aufholbedarf: bei Digitalisierung und Automation. Keine Sorge scheint der Antriebswandel zu bereiten, obwohl Antriebe die grosse Stärke der Schweiz sind. Knapp vier Fünftel der damit befassten Firmen liefert Verbrennerkomponenten, aber bereits mehr als die Hälfte für E-Antriebe zu. Aus Sicht der Zulieferer «löst die E-Mobilität nicht die Verbrenner ab, sondern kommt parallel». Zudem komme alles langsamer als erwartet. «Ich sehe derzeit niemand Schlange stehen nach Elektroautos.»
Hiesige Fahrzeughersteller wie Carrosserie Hess geniessen weltweites Renommée. Foto: Carrosserie Hess
E-Autos bringen neue Kunden aus China
Laut der Studie erwarten zwar 30 Prozent der befragten Unternehmen einen Umsatzrückgang, 70 Prozent jedoch gleichbleibende oder steigende Umsätze. «Es sieht also nicht aus, als würden die Leute bald auf der Strasse stehen», bringt es Anja Schulze auf den Punkt.
«Der Wandel ist nicht leicht, aber machbar!» Was hat Schulze überrascht? «Dass es noch viel Effizienzpotenzial in der Digitalisierung gibt und wie sich die Kundenstruktur durch die E-Mobilität verändert.» Denn die Schweiz liefert bisher vor allem an deutsche Edelmarken. Betrachtet man Automarken, in denen Schweizer Teile stecken, liegen auf den Rängen zwei bis sechs VW, Audi, BMW, Volvo und Porsche. Doch auf Platz 17 kommt Tesla, auf Rang 24 mit BYD neu der chinesische E-Gigant, und auch die Autokonzerne SAIC, FAW, Dongfeng und BAIC legen zu. Allerdings: Keine Automarke ist so sehr Schweiz wie die älteste überhaupt. Die Nummer 1 der Zulieferer-Hitliste heisst Mercedes-Benz; mehr als die Hälfte der hiesigen Firmen liefern den Schwaben etwas zu.
Branchenkennerin: Professorin Anja Schulze bei der Präsentation der neuen Studie. Foto: AGVS-Medien
Bereits am 18. «Tag der Schweizer Garagen» im Januar hatte Professorin Anja Schulze von der Universität Zürich (UHZ) für Staunen gesorgt: Die Schweizer Uhren- oder Pharmaindustrie sind öffentlich in aller Munde, nicht aber die Schweizer Autoindustrie. Warum wird die Branche übersehen? Schulze, Professorin für Mobilität und digitales Innovationsmanagement und Direktorin des Swiss Center of Automotive Research (SwissCar), begründet bei der Präsentation der neuen Studie: «Es steht eben nicht zum Beispiel ‹Autoneum inside› auf den Autos, und die meisten Unternehmen sind auch in anderen Bereichen aktiv.»
Dabei hätten ebenso wie das (nicht in der Studie enthaltene) Autogewerbe auch die Fahrzeugbauer, Teile- und Komponentenhersteller und Anlagenbauer Aufmerksamkeit mehr als verdient: Sie machen immerhin etwa halb so viel Umsatz wie die Uhrenindustrie. Oder an einem Beispiel: «Ems-Chemie erzielt die Hälfte des Umsatzes im Automobilbereich», so Schulze. Mit ihrem Team hat Schulze am SwissCar unter Mitarbeit von SwissMem und Business-Monitor nach 2008, 2013 und 2018 zum vierten Mal Zahlen und Meinungen erhoben: 578 Firmen der Zulieferindustrie kamen 2022 auf 32 000 Mitarbeitende (minus 2000 zu 2018) und erwirtschaften im Inland (also ohne Auslandswerke) 13 Milliarden Franken Umsatz (0,7 mehr als 2018).
Schweizer Zulieferer – hier Autoneum – sind gerade bei deutschen Edelmarken gefragt. Foto: Autoneum
Grösster Absatzmarkt ist Deutschland
Der Kosten- und Effizienzdruck steige, so Schulze. Zwar sei die Branche «grundsätzlich stabil». Material- und Energie- und Lohnkosten und Fachkräftemangel seien jedoch Challenges. «Und die Stärke des Schweizer Frankens», schliesslich ist die Branche exportorientiert: Deutschland vor Osteuropa, China und Nordamerika sind die Hauptmärkte. Der Bogen der Anbieter reicht von Fahrzeugherstellern wie Carrosserie Hess aus Bellach SO über Teilelieferanten wie Autoneum aus Winterthur ZH (Weltmarktführer Thermo- und Akustikmanagement) oder Spezialisten wie Sika (Baar ZG, Klebstoffe) zu Maschinenbauern wie Reishauer aus Wallisellen ZH (Zahnradschleifmaschinen). Und: 69 Prozent der Unternehmen sind KMU.
Kein Problem mit der Antriebswende
Gefragt ist Hightech. Schulze nennt zum Vergleich eine Studie zur italienischen Zuliefererbranche. Die kam auf zehn Prozent Mitarbeitende in Forschung und Entwicklung, in der Schweiz sind es zwanzig Prozent. Doch die Schweiz hat auch Aufholbedarf: bei Digitalisierung und Automation. Keine Sorge scheint der Antriebswandel zu bereiten, obwohl Antriebe die grosse Stärke der Schweiz sind. Knapp vier Fünftel der damit befassten Firmen liefert Verbrennerkomponenten, aber bereits mehr als die Hälfte für E-Antriebe zu. Aus Sicht der Zulieferer «löst die E-Mobilität nicht die Verbrenner ab, sondern kommt parallel». Zudem komme alles langsamer als erwartet. «Ich sehe derzeit niemand Schlange stehen nach Elektroautos.»
Hiesige Fahrzeughersteller wie Carrosserie Hess geniessen weltweites Renommée. Foto: Carrosserie Hess
E-Autos bringen neue Kunden aus China
Laut der Studie erwarten zwar 30 Prozent der befragten Unternehmen einen Umsatzrückgang, 70 Prozent jedoch gleichbleibende oder steigende Umsätze. «Es sieht also nicht aus, als würden die Leute bald auf der Strasse stehen», bringt es Anja Schulze auf den Punkt.
«Der Wandel ist nicht leicht, aber machbar!» Was hat Schulze überrascht? «Dass es noch viel Effizienzpotenzial in der Digitalisierung gibt und wie sich die Kundenstruktur durch die E-Mobilität verändert.» Denn die Schweiz liefert bisher vor allem an deutsche Edelmarken. Betrachtet man Automarken, in denen Schweizer Teile stecken, liegen auf den Rängen zwei bis sechs VW, Audi, BMW, Volvo und Porsche. Doch auf Platz 17 kommt Tesla, auf Rang 24 mit BYD neu der chinesische E-Gigant, und auch die Autokonzerne SAIC, FAW, Dongfeng und BAIC legen zu. Allerdings: Keine Automarke ist so sehr Schweiz wie die älteste überhaupt. Die Nummer 1 der Zulieferer-Hitliste heisst Mercedes-Benz; mehr als die Hälfte der hiesigen Firmen liefern den Schwaben etwas zu.
Firmen mit Digitalisierungs projekten gesucht
Für den Kurs «Innovathon: Die Digitalisierung der Mobilität» sucht die Universität Zürich (UHZ) Unternehmen, die im September und Oktober 2024 eine Digitalisierungs-Problemstellung von Studierenden lösen lassen möchten. Bereits dabei am zum vierten Mal ausgetragenen Kurs waren zum Beispiel Ikea oder der TCS; vergangene Resultate waren etwa Ideen, um Ride-Sharing attraktiver zu gestalten.
Die Idee: Gegen einen Sponsorenbeitrag bearbeiten Studierende der UHZ eine Fragestellung aus der Praxis eines Unternehmens – eine innovative Idee der Zusammenarbeit, die den Studierenden wie den Firmen dient und beispielsweise auch ein Schlüssel sein kann, künftige Mitarbeitende zu rekrutieren.
Weitere Infos und Links (auf Englisch)
Für den Kurs «Innovathon: Die Digitalisierung der Mobilität» sucht die Universität Zürich (UHZ) Unternehmen, die im September und Oktober 2024 eine Digitalisierungs-Problemstellung von Studierenden lösen lassen möchten. Bereits dabei am zum vierten Mal ausgetragenen Kurs waren zum Beispiel Ikea oder der TCS; vergangene Resultate waren etwa Ideen, um Ride-Sharing attraktiver zu gestalten.
Die Idee: Gegen einen Sponsorenbeitrag bearbeiten Studierende der UHZ eine Fragestellung aus der Praxis eines Unternehmens – eine innovative Idee der Zusammenarbeit, die den Studierenden wie den Firmen dient und beispielsweise auch ein Schlüssel sein kann, künftige Mitarbeitende zu rekrutieren.
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