Der Fachkräftemangel ist verheerend

Carrosseriebranche im Wandel

Der Fachkräftemangel ist verheerend

18. Oktober 2022 agvs-upsa.ch – Felix Wyss ist Inhaber der Aarauer Carrosserie Werke AG und Präsident von Carrosserie Suisse. Als Unternehmer weiss er, wie wichtig es ist, in die eigenen Mitarbeitenden zu investieren, um dem Fachkräftemangel vorzubeugen. Zudem legt er seinen Berufskollegen ans Herz, sich der Digitalisierung nicht zu verweigern. 

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Quelle: AGVS-Medien

mfi. Herr Wyss, wo liegen Ihrer Meinung nach die grössten Herausforderungen der Carrosseriebranche in Zeiten der Digitalisierung?
Felix Wyss, Inhaber Aarauer Carrosserie Werke AG:
Es ist generell wichtig, bestehende Strukturen aufzubrechen und neue Dinge zu implementieren. Egal wo. Das Prinzip «Stillstand ist Rückschritt» lässt sich auf jede Branche anwenden. Die Carrosseriebranche ist davon nicht ausgenommen und meiner Meinung nach sogar speziell gefährdet: Denn über Jahrzehnte hat bei der Mehrheit der Carrosserie­betriebe alles verhältnismässig gut funktioniert und jetzt müssen sich die Betriebe plötzlich neuen Begebenheiten anpassen.

Wie meinen Sie das?
Das Auto ist über 130 Jahre alt. Während den ersten 100 Jahren des Automobils waren Karosseriebauer autonome Unternehmer, die eigenständig handeln und wirtschaften konnten. Sie wussten, wie man Fahrzeuge instand setzt und repariert und niemand machte ihnen diese Kompetenz streitig. In den letzten 30 Jahren hat sich dies, zum Leidwesen vieler in der Branche, verändert. Hersteller machen immer striktere Vorgaben und die ganze Welt wird digitaler und komplexer. Doch man sollte das als Unternehmer nicht so negativ sehen und stattdessen die Chancen anerkennen und nutzen, die die Digitalisierung mit sich bringt. Beispielsweise werden viele mühselige analoge Prozesse durch einfache digitale Prozesse abgelöst. 

Wie verändern Elektroautos und immer mehr elektronische Bauteile – Stichwort Matrix-Licht oder Radarsensoren – die Anforderungen an Carrossiers?
Grundsätzlich verändert das Elektroauto für uns in der Karosseriebranche nichts. Die Autos sind vom Chassis her schliesslich aus Blech und Lack. Was jetzt im Kontext von elektrischen Antrieben benötigt wird, ist die entsprechende Ausbildung im Hochvoltbereich, um Fahrzeuge ordnungsgemäss spannungsfrei zu schalten. Auch all die Kalibrierungsgeschichten sind in meinen Augen kein Problem, sondern eine Chance. Als die ersten Parksensoren vor 25 Jahren auf den Markt kamen, dachte ich, ich würde nie wieder eine Stossstange bearbeiten. Heutzutage reparieren bei uns im Betrieb wir doppelt so viele Stossstangen wie damals. 

Also haben Carrossiers in Zukunft nichts zu befürchten?
Ich glaube, in den nächsten 20 Jahren nicht, nein. Spannend wird es dann, wenn die ersten selbstfahrenden Fahrzeuge kommen. Dort wird sich dann eher die Büchse der Pandora öffnen. Auch wenn das alles noch Zukunftsmusik ist, werden Carrossiers meiner Meinung nach ihr Geschäft dann in den Ausbau bzw. die Ausstattung verschiedener autonomer Fahrzeugtypen verlagern können. 

… sofern es dann den Beruf noch gibt?
Den Beruf wird es garantiert auch dann noch geben. Selbst wenn der Fachkräftemangel momentan verheerende Ausmasse angenommen hat und Spengler und Fahrzeugschlosser mittlerweile rar sind. Unser Verband investiert viel, um den Berufsstand wieder attraktiver zu machen. Doch es liegt nicht nur am Verband, zu investieren. Alle Firmen sind in der Pflicht, in ihr Personal zu investieren, es weiterzubilden und ihm einen attraktiven Arbeitsort zu bieten. Das hilft dem Berufsstand am meisten, wenn der Beruf aus Arbeitnehmersicht attraktiver wird. 
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