Weko-Bericht
Die unternehmerische Freiheit sichern
11. Februar 2019 agvs-upsa.ch – Die Wettbewerbskommission (Weko) hat im Herbst 2018 einen Schlussbericht zur Vorabklärung gegen einen grossen Automobilimporteur veröffentlicht. Im Schlussbericht wird festgestellt, dass davon auszugehen ist, dass der Importeur im Bereich Aftersales marktbeherrschend ist und diverse Anhaltspunkte für ein kartellrechtswidriges Verhalten des Importeurs bestehen.
Die Weko legte einen Katalog von Massnahmen vor, die Importeure umsetzen müssen – andernfalls drohen Sanktionen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes der letzten drei Jahre. Die kartellrechtlichen Anforderungen der Weko sind grundsätzlich auf das Vertriebs- und Servicepartnernetz jeder Marke anwendbar. In den Jahren 2013/2014 erstatteten Garagisten bei der Weko mit folgenden Vorwürfen Anzeige:
► In den letzten Jahren seien viele Händler- und Servicepartnerverträge gekündigt (sogenannte Netzbereinigung) und keine reinen Servicepartner mehr zugelassen worden.
► Die Importeure würden versuchen, mit den Kündigungen die Position der Vertragspartner zu schwächen und sie vom Markt zu verdrängen, um ihre eigene Stellung im Sales- und im Aftersales- Bereich zu stärken.
Kartellrechtliche Grundlagen
Die Weko hat in der Vorabklärung geprüft, ob im Rahmen der Händler- und Servicepartnernetze unzulässige Wettbewerbsabreden abgeschlossen werden (Art. 5 KG) oder sich der Importeur allenfalls als marktbeherrschendes Unternehmen unzulässig verhält (Art. 7 KG).
Unzulässige Wettbewerbsabreden: Dies sind Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen beseitigen oder erheblich beeinträchtigen. Beispiele sind die Verpflichtung, nur an Kunden aus einem bestimmten Gebiet zu verkaufen oder die Vorgabe von Endkonsumentenpreisen oder maximalen Rabatten.
Unzulässige Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen: Als marktbeherrschend gilt ein Importeur, der sich auf dem Markt unabhängig von seinen Kunden verhalten kann, beispielsweise wenn der Abnehmer (Garagist) keine Ausweichmöglichkeit auf andere Importeure hat. Der Missbrauch einer solchen Stellung durch eine «Ausbeutung» der Garagisten ist unzulässig. Beispiele sind etwa, wenn ein marktbeherrschender Importeur den Abschluss eines Servicepartnervertrags an die Bedingung knüpft, dass sämtliche Ersatzteile ausschliesslich bei ihm bezogen werden, nur bestimmten Garagisten Rabatte gewährt oder willkürlich bestimmten Garagen den Servicepartnervertrag kündigt (obschon die Standards erfüllt sind).
Ergebnisse der Weko-Vorabklärung
Die Weko hat Anhaltspunkte gefunden, dass ...
► Importeure im Aftersales-Bereich marktbeherrschend sein können,
► es zwischen den Importeuren und ihren Handelspartnern möglicherweise unzulässige Wettbewerbsabreden (Art. 5 Abs. 1 KG) gibt und
► die Importeure ihre marktbeherrschende Stellung auf den Aftersales-Märkten missbrauchen könnten.
Folgende Sachverhalte illustrieren diesen Befund unter anderem:
► Importeure bevorzugen oft Servicepartner, die zugleich als zugelassene Händler von Fahrzeugen der Marken des Volkswagenkonzerns tätig sind. Die Verknüpfung von Service mit Vertrieb ist grundsätzlich eine unzulässige Koppelung.
► Die Rabatt- und Bonussysteme im Bereich Aftersales haben Potenzial, den Händlern Anreize zu setzen, alle Ersatzteile ausschliesslich beim jeweiligen Importeur zu beziehen. Dies kann eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellen, da der Garagist frei sein muss, seine Bezugskanäle zu wählen.
Massnahmen der Weko
Die Weko hat vorläufig davon abgesehen, gegen den Importeur ein Verfahren mit Bussgeld zu eröffnen. Voraussetzung dafür war, dass der Importeur unter anderem folgende Massnahmen umsetzt:
Zulassung von reinen Servicepartnern: Der Importeur muss seine bisherigen Handelspartner darüber informieren, dass es möglich ist, als reiner Servicepartner tätig zu sein.
Mitteilung der Kriterien an gekündigte Handelspartner: Alle Händler und Werkstätten, welchen der Händler- respektive Servicepartnervertrag gekündigt wurden, müssen über die Anforderungen informiert werden, die sie erfüllen müssen, um einen neuen Servicepartnervertrag abschliessen zu können.
Schriftliche Begründung von Ablehnungen: Der Importeur muss schriftlich begründen, aus welchen Gründen er eine Werkstatt, welche die Kriterien erfüllt, nicht zu seinem Werkstattnetz zulässt.
Offener Bezug von Ersatzteilen: Die Handelspartner müssen informiert werden, dass sie frei sind, Originalersatzteile oder qualitativ gleichwertige Ersatzteile von einem Anbieter ihrer Wahl zu beziehen und zu verwenden. Das Rabatt- und Bonussystem muss so gestaltet beziehungsweise angepasst werden, dass Garagisten nicht faktisch gezwungen sind, alle Ersatzteile ausschliesslich beim jeweiligen Importeur zu beziehen.
Kundendaten: Der Importeur trägt die Verantwortung für eine falsche (daten- oder kartellrechtswidrige) Zuteilung von Kundendaten. Ausserdem muss der Importeur dem durch eine Falschzuteilung benachteiligten Garagisten eine angemessene Entschädigung bezahlen.
Mehrmarkenvertrieb zulassen: Den Handelspartnern ist aktiv zu kommunizieren, dass sie frei sind, Neufahrzeuge oder Ersatzteile konkurrierender Fahrzeugmarken zu verkaufen sowie Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für konkurrierende Fahrzeugmarken zu erbringen.
Keine Preisnachlässe für Flottenkunden mehr: Die Empfehlungen für Preisnachlässe für Flottenkunden sind aufzuheben. Die Verträge bezüglich Flottengeschäfte sind so auszugestalten, dass die konzernexternen Handelspartner den konzerninternen Handelspartnern gleichgestellt sind. Flottengeschäfte sollen unterschiedslos möglich sein.
Keine Quersubventionen: Es dürfen keine Aktionen und margenreduzierte Modelle mehr angeboten werden, die aufgrund einer möglichen Quersubventionierung aus dem Generalimport nur konzerneigene Handelspartner wirtschaftlich sinnvoll anbieten können.
Fazit: Ein Fortschritt für die Schweizer Markenhändler
Die Weko hat erstmals minimale Anforderungen für ein kartellrechtskonformes Vertriebs- und Servicepartnernetz an einem Beispiel festgehalten. Dies ist aus der Sicht der Händler aller Marken zu begrüssen und gibt den Händlern für das Jahr 2019 Richtlinien, was sie von den Importeuren verlangen dürfen. Der AGVS wird die Weko-Praxis weiter genau beoachten und daraus Handlungsoptionen zur Wahrung des freien Unternehmertums ableiten.
Patrick Krauskopf und Sarah Umbricht, ZHAW
Die Weko legte einen Katalog von Massnahmen vor, die Importeure umsetzen müssen – andernfalls drohen Sanktionen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes der letzten drei Jahre. Die kartellrechtlichen Anforderungen der Weko sind grundsätzlich auf das Vertriebs- und Servicepartnernetz jeder Marke anwendbar. In den Jahren 2013/2014 erstatteten Garagisten bei der Weko mit folgenden Vorwürfen Anzeige:
► In den letzten Jahren seien viele Händler- und Servicepartnerverträge gekündigt (sogenannte Netzbereinigung) und keine reinen Servicepartner mehr zugelassen worden.
► Die Importeure würden versuchen, mit den Kündigungen die Position der Vertragspartner zu schwächen und sie vom Markt zu verdrängen, um ihre eigene Stellung im Sales- und im Aftersales- Bereich zu stärken.
Kartellrechtliche Grundlagen
Die Weko hat in der Vorabklärung geprüft, ob im Rahmen der Händler- und Servicepartnernetze unzulässige Wettbewerbsabreden abgeschlossen werden (Art. 5 KG) oder sich der Importeur allenfalls als marktbeherrschendes Unternehmen unzulässig verhält (Art. 7 KG).
Unzulässige Wettbewerbsabreden: Dies sind Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen beseitigen oder erheblich beeinträchtigen. Beispiele sind die Verpflichtung, nur an Kunden aus einem bestimmten Gebiet zu verkaufen oder die Vorgabe von Endkonsumentenpreisen oder maximalen Rabatten.
Unzulässige Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen: Als marktbeherrschend gilt ein Importeur, der sich auf dem Markt unabhängig von seinen Kunden verhalten kann, beispielsweise wenn der Abnehmer (Garagist) keine Ausweichmöglichkeit auf andere Importeure hat. Der Missbrauch einer solchen Stellung durch eine «Ausbeutung» der Garagisten ist unzulässig. Beispiele sind etwa, wenn ein marktbeherrschender Importeur den Abschluss eines Servicepartnervertrags an die Bedingung knüpft, dass sämtliche Ersatzteile ausschliesslich bei ihm bezogen werden, nur bestimmten Garagisten Rabatte gewährt oder willkürlich bestimmten Garagen den Servicepartnervertrag kündigt (obschon die Standards erfüllt sind).
Ergebnisse der Weko-Vorabklärung
Die Weko hat Anhaltspunkte gefunden, dass ...
► Importeure im Aftersales-Bereich marktbeherrschend sein können,
► es zwischen den Importeuren und ihren Handelspartnern möglicherweise unzulässige Wettbewerbsabreden (Art. 5 Abs. 1 KG) gibt und
► die Importeure ihre marktbeherrschende Stellung auf den Aftersales-Märkten missbrauchen könnten.
Folgende Sachverhalte illustrieren diesen Befund unter anderem:
► Importeure bevorzugen oft Servicepartner, die zugleich als zugelassene Händler von Fahrzeugen der Marken des Volkswagenkonzerns tätig sind. Die Verknüpfung von Service mit Vertrieb ist grundsätzlich eine unzulässige Koppelung.
► Die Rabatt- und Bonussysteme im Bereich Aftersales haben Potenzial, den Händlern Anreize zu setzen, alle Ersatzteile ausschliesslich beim jeweiligen Importeur zu beziehen. Dies kann eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellen, da der Garagist frei sein muss, seine Bezugskanäle zu wählen.
Massnahmen der Weko
Die Weko hat vorläufig davon abgesehen, gegen den Importeur ein Verfahren mit Bussgeld zu eröffnen. Voraussetzung dafür war, dass der Importeur unter anderem folgende Massnahmen umsetzt:
Zulassung von reinen Servicepartnern: Der Importeur muss seine bisherigen Handelspartner darüber informieren, dass es möglich ist, als reiner Servicepartner tätig zu sein.
Mitteilung der Kriterien an gekündigte Handelspartner: Alle Händler und Werkstätten, welchen der Händler- respektive Servicepartnervertrag gekündigt wurden, müssen über die Anforderungen informiert werden, die sie erfüllen müssen, um einen neuen Servicepartnervertrag abschliessen zu können.
Schriftliche Begründung von Ablehnungen: Der Importeur muss schriftlich begründen, aus welchen Gründen er eine Werkstatt, welche die Kriterien erfüllt, nicht zu seinem Werkstattnetz zulässt.
Offener Bezug von Ersatzteilen: Die Handelspartner müssen informiert werden, dass sie frei sind, Originalersatzteile oder qualitativ gleichwertige Ersatzteile von einem Anbieter ihrer Wahl zu beziehen und zu verwenden. Das Rabatt- und Bonussystem muss so gestaltet beziehungsweise angepasst werden, dass Garagisten nicht faktisch gezwungen sind, alle Ersatzteile ausschliesslich beim jeweiligen Importeur zu beziehen.
Kundendaten: Der Importeur trägt die Verantwortung für eine falsche (daten- oder kartellrechtswidrige) Zuteilung von Kundendaten. Ausserdem muss der Importeur dem durch eine Falschzuteilung benachteiligten Garagisten eine angemessene Entschädigung bezahlen.
Mehrmarkenvertrieb zulassen: Den Handelspartnern ist aktiv zu kommunizieren, dass sie frei sind, Neufahrzeuge oder Ersatzteile konkurrierender Fahrzeugmarken zu verkaufen sowie Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für konkurrierende Fahrzeugmarken zu erbringen.
Keine Preisnachlässe für Flottenkunden mehr: Die Empfehlungen für Preisnachlässe für Flottenkunden sind aufzuheben. Die Verträge bezüglich Flottengeschäfte sind so auszugestalten, dass die konzernexternen Handelspartner den konzerninternen Handelspartnern gleichgestellt sind. Flottengeschäfte sollen unterschiedslos möglich sein.
Keine Quersubventionen: Es dürfen keine Aktionen und margenreduzierte Modelle mehr angeboten werden, die aufgrund einer möglichen Quersubventionierung aus dem Generalimport nur konzerneigene Handelspartner wirtschaftlich sinnvoll anbieten können.
Fazit: Ein Fortschritt für die Schweizer Markenhändler
Die Weko hat erstmals minimale Anforderungen für ein kartellrechtskonformes Vertriebs- und Servicepartnernetz an einem Beispiel festgehalten. Dies ist aus der Sicht der Händler aller Marken zu begrüssen und gibt den Händlern für das Jahr 2019 Richtlinien, was sie von den Importeuren verlangen dürfen. Der AGVS wird die Weko-Praxis weiter genau beoachten und daraus Handlungsoptionen zur Wahrung des freien Unternehmertums ableiten.
Patrick Krauskopf und Sarah Umbricht, ZHAW
Bei Fragen: Der AGVS-Rechtsdienst hilft weiter
Ob im Arbeitsrecht, Strassenverkehrsrecht oder Versicherungsrecht: Der Rechtsdienst des AGVS hilft in allen für das Autogewerbe relevanten Rechtsbereichen. Die Leistung des Rechtsdienstes des AGVS umfasst eine Kurzberatung, sprich eine Ersteinschätzung, im Rahmen von fünf bis zehn Minuten pro Fall und steht allen AGVS-Mitgliedern kostenlos zur Verfügung:
Ihre Ansprechpartnerin:
Olivia Solari, Telefon 031 307 15 15, E-Mail rechtsdienst@agvs-upsa.ch
agvs-upsa.ch/de/dienstleistungen/recht-und-steuern
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